Stories  Abitur 2001 - Schülerrede zur Entlassungsfeier
von Joanna Itzek


Schule
Ist Halt
Ist Sicherheit
Ist Druck
Ist Angst
Ist Gemeinsamkeit
Ist Spaß
Ist zu Ende jetzt

Bitte stehen sie alle auf.
Es ist Zeit für eine 30-sekündige Schweigeminute.

REDE

Ich befürchte, unsere Rede hat kein tolles Konzept, wie es sich für eine tolle Rede gehört. Und ganz ehrlich: Schlimm ist das nicht. Am liebsten würde ich aus dem Bauch heraus all das sagen, was mir am Herzen liegt, nur das Wichtige und Richtige. Und wissen sie was, das mache ich jetzt auch.
Große Momente: Herr Liese, können sie sich erinnern an ihren Religionskurs vor 3 Jahren? Zwei mal die Woche trafen sich zirka zwanzig Leute aus diesem Jahrgang. Und zehn davon diskutierten mit ihnen über den Glauben. Über das Leben. Ich kann kaum die Qualität dieser Gespräche fassen. Es ging um uns, um unser Bild von der Welt. Wir haben gelernt, wirklich miteinander zu sprechen, zuzuhören, einander zu verstehen. Ich weiß nichts, was für ein Zusammenleben wichtiger sein könnte. Wer hätte gedacht, das man in dem miefenden Klassenzimmer auf klapprigen Holzstühlen spirituell werden kann? Und das faszinierendste: Durch diese Gespräche änderten viele von uns ihre Meinungen. Und ich meine wirklich grundliegend. Durch diese Gespräche lernten wir uns kennen. Plötzlich war Schule persönlich. Ich glaube, erst wenn etwas persönlich wird, engagiert man sich dafür gerne aus vollem Herzen.
Hundert Menschen aus diesem Jahrgang zogen vielleicht ähnliche Schlüsse, doch sie machten ihre intensiven Erfahrungen woanders. Bei Frau Teischel im Englischunterricht. Unterm Ginkobaum. An der Tanke. Unwahrscheinlich? Ach, wer weiß wo. Doch alle wollten wir das selbe: Gute Lehrer. Es gibt an dieser Schule einige interessante Persönlichkeiten, die zugleich auch fabelhafte Lehrer sind. Doch es ist Glückssache, ob man denn von ihnen unterrichtet wird.
Liebe Leute, die ihr an die falschen Lehrer geraten seid: Jetzt ist Schluss damit! Traurig aber wahr, manche Pädagogen machen den Anschein, nur eine einzige Pädagogik-Vorlesung in ihrem ganzen Leben besucht zu haben. Und andere nicht. Die hinterlassen tiefe Eindrücke. Über sie lohnt es sich zu sprechen.
Die guten Lehrer waren die, die uns frei denken ließen. Die uns immer wieder Mut machten, an unsere Grenzen zu gehen, die größeren Zusammenhänge zu sehen. Ihnen lag es gleichzeitig am Herzen, das fachliche Niveau zu halten. So förderten sie uns.
Diese Menschen brachten einem, sofern man denn wollte, wesentliches bei: Nämlich Stellung zu beziehen. Eine Sache gut oder schlecht zu finden. Den Mund aufzumachen und nicht nur stumm zuzuschauen, wie die Dinge um einen herum passieren. Mit ihnen verbinde ich Engagement, Kritikfähigkeit und Wissen.
Vielen Dank im Namen des Jahrgangs an die Guten! Liebe an dieser Stelle unsicheren Lehrer: Fragen sie mich nach der Rede, ob sie gemeint sind!
Wird man nun schlauer nur durch die guten Lehrer? Hätte ich all die Dinge über die ich hier spreche auch in einem anderen Jahrgang lernen können? Nein, so nicht.
Es ist, wie es ist, weil wir sind, wie wir sind. Eine Tüte Smarties, doch keine Farbe ist doppelt drin. Darum ist jeder Smartie wichtig für die ganze Tüte.
Dieser Jahrgang hatte seine Riten, sie waren feste Größen im heillosen Lebenschaos. Jeder von uns konnte sich darauf verlassen, in der großen Pause ein Klein-Moskau in der Cafeteria vorzufinden. Und selbst wenn es draußen stürmte und schneite, unsere ganz harten Tabakfreunde standen trotzdem in der Raucherecke rum. Einer der schönsten Riten gegen Ende der Schulzeit: Wir feierten gemeinsam jede noch so kleine bestandene Abi-Hürde vor der Schule. Zweckoptimismus nannte Herr Seifer das, aber darin waren wir verdammt gut.

Auch wenn wir uns vielleicht in einem halben Jahr nicht mehr auf der Straße wiedererkennen, am Ende bleibt für jeden von uns ein Stück ganz persönliche Erinnerung.
Also: Nur das Beste für uns!
Dankeschön.


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©2001 by Abijahrgang 2001 · Aktualisierung:17.03.2002